Im Wurstelprater
Wenn ich den Wurstelprater häufig besuche, ihn gar liebe, viele Bilder von ihm gemalt habe und noch malen möchte, so ist es wegen des gleichnishaften aller dieser vielen, seltsamen und starken Eindrücke, die ich dort immer wieder empfangen habe und die ein lächelndes, entzücktes Traurigsein auslösen. Er ist ein armer Narr mit vielen Gesichtern, sehr bunter Front und hohlem Rücken, ein Maskenwesen und wie diese immer seltsam und rätselhaft. Gebannt ergeben wir uns ihrem Zauber. Da sind Fassaden wunderlichster Form, die wie ein Alp uns in den Traum verfolgen, gekrönt von Rittern aus Blech, Pappfortunas und Herolden mit geknickten Trompeten, die nur ein Vorne haben (voll Symbolik), denn sie sind halb und hohl und durch Gestänge nur aus Teerpappdach gehalten. Farbig ist alles. Die Ziegel werden rot gestrichen, Holz blau, braun und grün, rosa die Schornsteine, die mit schwarzen Rohraufsätzen von ebensolchen Spitzhütchen bedeckt in manchmal grüne oder violette Abendhimmel stechen. Das Riesenrad schwebt immer über allem als ein großes Ornament im Himmel und auch darin zu fahren, besonders wenn sichs abwärts dreht, ist freudigstes Erschauern. Tiefster Schrecken, wenn man im Wachsfigurensaal allein sich wähnend, zu spät im Popanz neben sich den harmlosen Besucher erkennt, der sich aus starrer Ruhe des Betrachtens zum Weitergehen wendet.
Die lieben grünen Schießbuden mit dem Golem vor dem Pult, den man für 10 Groschen ohrfeigen kann bis zur Erschöpfung, die vielen Figurinen, auf den alten Scheiben, die rasselnd sich bewegen, wenn der Schuß ins Schwarze traf! Dann noch ein Karussell, "Elite" genannt, aus guter alter Zeit, mit wirklich schön geschnitzten Pferden, alles vergoldet sonst und Plüsch und Spiegelglas in großer Menge. Ein Traum prächtiger Vergangenheit. Hier ist auch noch eines jener seltenen schönen Orchestrions von Orgelpfeifen, Trommeln und Zimbeltönen schwirrend und erzitternd.
Vormittags ist kein Besucher da. Es wird dann nur geputzt, doch kann man seltene Blicke tun. Etwa durch eine sonst geheime Tür ins Innere der Grottenbahn sieht man "Schneewittchen" oder "das Erdbeben von Messina" in grellem Tageslicht in Behandlung mit dem Staubwedel. Attrappe alles, doch voll unheimlicher Beziehung zu unserer Welt. Den Prater an schönen warmen Sonntagnachmittagen kennt ein jeder. Da schaut man nur und schwimmt gemütlich mit im trägen Menschenstrom, aber es hat eben auch seine andere Seite und es ist nicht immer lustig im Prater, besonders an einem kühlen Tag, wenn so gar niemand Lust hat zu schaukeln oder am Riesenrad fahren mag. Die Orchestrions sind zwar lauter denn je, doch kein Mensch will sich anlocken lassen und die Hochschaubahn hat sogar "eingestellt", mit einem Vorhängeschloß an den Kassen. Bald wird es zu regnen beginnen, der Himmel sieht ganz danach aus. Am wärmsten wär's wohl im Kino - aber ich gehe lieber nach Haus.
Sergius Pauser
Aus: profil, Österreichische Monatsschrift für bildende Kunst, 2. Jahrgang, März 1934, S. 73ff.
Herausgegeben von der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
Aquarellieren am Abend
Die Dämmerung vor dem Abend ist die Zeit, in der ich mich am liebsten mit meinem Malzeug auf einen meist nicht leicht gefundenen Platz auf den Boden setze, um zu aquarellieren. Die nahende Dunkelheit spornt zu höchster Konzentration und Vereinfachung an, die Details verschwinden zu Gunsten einer farbigen Geschlossenheit und Harmonie.
WURSTELPRATER
Es ist nicht immer lustig im Prater
Zum Beispiel an einem kühlen Tag
Wenn so gar niemand Lust hat zu schaukeln
Oder am Riesenrad fahren mag.
Die „Orchestrions“ sind zwar schriller denn je
Doch kein Mensch will sich anlocken lassen
Und die Hochschaubahn hat sogar „EINGESTELLT“
Mit einem Vorhängschloβ an den Kassen.
Bald wird es zu regnen beginnen
Der Himmel sieht ganz danach aus
Am wärmsten wär’s wohl im Kino…
Aber ich gehe lieber nach Haus.
SCHREBERGÄRTEN
Mit Innigkeit wird da ein Häuschen aufgebaut
Ganz nah dem Nachbarn, der vom Zaun herschaut
An dem er Kohl begießt, damit er nicht verwelke.
Doch gilt die Sorge ebenso dem Zwiebel, wie der Nelke.
Das Haus ist klein und ganz mit eigener Hand gemacht
Aus Brettern, die man auf dem Buckel hergebracht
Türschloß und Draht ist vom Alteisenmann,
Denn heute muß man sparen wo man kann.
Das Gitterwerk am Fenster aus ganz feinen Stäben
Wird weiß gestrichen wie die Bank daneben.
Die Wände blau von außen, innen grün,
Daß es ein buntes Bild ergäbe, wenn die Blumen blühn.
Die Radioantenne darf nun auch nicht fehlen,
Und in der Nähe kann man viele solcher Stangen zählen,
Denn es ist wunderbar mit diesem Apparat und seinen Röhren
Im eignen Garten sitzend einen Vortrag über Gartenkunst zu hören.